Deutschland

Ein "überfälliger" Entschluss? Reaktionen aus den Bundestagsparteien auf die Leopard-Entscheidung

Nachdem es gekommen ist, wie es offenbar kommen musste, und auch Berlin Kampfpanzer an die Ukraine liefern wird, haben sich fachlich zuständige wie auch weniger zuständige deutsche Politiker über die Rolle der Leopard-2-Panzer im Stellvertreterkrieg gegen Russland geäußert. RT DE dokumentiert eine Auswahl.
Ein "überfälliger" Entschluss? Reaktionen aus den Bundestagsparteien auf die Leopard-EntscheidungQuelle: Gettyimages.ru © Christophe Gateau/picture alliance via Getty Images

Beginnen wir die Übersicht bei der sogenannten "Ampelkoalition" und der SPD. Bundeskanzler Olaf Scholz versicherte zunächst dem ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij, dass die von ihm geführte Regierung "eng abgestimmt mit unseren internationalen Partner[n]" die Panzer an die Ukraine liefern werde.

Scholz schob später nach, dass auch die deutschen "Bürgerinnen und Bürger" sich auf ihn verlassen könnten:

Der frischgebackene neue Verteidigungsminister Boris Pistorius twitterte nicht persönlich, sondern sein Ministerium verbreitete per Tweet eine Erklärung, in der Pistorius die Entscheidung als notwendig und sogar historisch bezeichnete. Er fügte jedoch hinzu, dass er damit keine "Veranlassung für ein Halleluja" verbunden sehe.

Besonders aktiv verteidigten Politiker von Bündnis 90/Die Grünen auf Twitter und Facebook die Entscheidung – mit Ausnahme der Außenministerin, die sich andernorts vernehmen ließ. So vertrat die Vorsitzende der Bundestagsfraktion Britta Haßelmann die Ansicht, die getroffene Entscheidung sei "wichtig und richtig", und die Ukraine müsse "unbedingt" weiter unterstützt werden.

Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt jubelte auf Englisch: "The Leopard's freed!" und kommentierte eine Tagesschau-Meldung mit diesem Wunsch: "Jetzt kann er hoffentlich schnell der Ukraine bei ihrem Kampf gegen den russischen Angriff und für die Freiheit der Ukraine und Europas helfen."

Anton Hofreiter, Vorsitzender des EU-Ausschusses des Bundestages, hofft seinerseits darauf, dass die deutschen Panzer es der Ukraine ermöglichen werden, Kontrolle über "ihr Staatsgebiet" zu erlangen, wie er auf Facebook schrieb (inzwischen nur nach Anmeldung abrufbar).

Janosch Dahmen, Arzt und Mitglied im Gesundheitsausschuss des Bundestages sowie gesundheitspolitischer Sprecher seiner Fraktion, hatte schon am Vortag mit einem "Endlich!" seiner Erleichterung über den Einsatz deutscher Panzer gegen Russland Ausdruck verliehen.

Auch die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Agnieszka Brugger setzte bereits am Vorabend ihre Hoffnungen in die Panzerlieferungen.

Robert Habeck, Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister, ließ sein Ministerium ausführlich twittern:

Und Cem Özdemir, Bundesernährungs- und Landwirtschaftsminister, sah sich zu einer Belehrung an die Adresse Russlands berechtigt:

Omid Nouripour, zusammen mit Ricarda Lang Parteivorsitzender der Grünen, zeigte sich im ZDF überzeugt, man habe ein "sehr großes Problem gelöst" und werde auch durch die Panzerlieferungen an Kiew nicht zur Kriegspartei. Nouripour stellte sich auf Nachfrage ausdrücklich hinter die Aussage der Bundesaußenministerin, die in Straßburg erklärt hatte: "Wir führen einen Krieg gegen Russland".

Kommen wir zur FDP und der Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses des Bundestages, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die sich in den zurückliegenden Monaten als vehemente Befürworterin von Waffenlieferungen an die Ukraine hervorgetan hat. Anbiedernd schrieb sie, dass für sie die "einzigen Heldinnen und Helden" die "tapferen Menschen in der Ukraine" seien – als Antwort auf einen Tweet einer anderen Nutzerin mit ukrainischem Namen, die geschrieben hatte: "You are a rockstar, @MAStrackZi."

Bundesjustizminister Marco Buschmann unterstrich die enge Abstimmung "im Bündnis". Die Ukraine müsse ihren "Verteidigungskampf" gewinnen:

Auch Finanzminister Christian Lindner betonte, Kampfpanzer würden die Ukraine "gegen Putin" stärken. Er bezeichnete es als einen "wichtigen Schritt", "dass die USA sich neben dem #Leopard auch beteiligen" würden. Lindner behauptete weiter: "Zu dieser Gemeinsamkeit hat deutsche Diplomatie beigetragen."

Bildungs- und Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger zeigte sich erleichtert: "Es ist endlich soweit: Deutschland liefert #Leopard-Panzer an die Ukraine. Und wir erlauben Exporte durch Partnerländer." Auch sie meinte, dies sei "ein wichtiger Schritt, um die Ukraine in ihrem Kampf gegen die brutale russische Aggression zu stärken".

Für die größte Oppositionsfraktion im Bundestag, die CDU/CSU, seien drei Aussagen herausgegriffen. Der Fraktionsvorsitzende Friedrich Merz erklärte erwartungsgemäß, es handele sich um eine richtige Entscheidung, jedoch hätte Scholz gemeinsam mit dem französischen Präsidenten die Lieferung ankündigen sollen. Merz bedauerte die vorgeblich langwierige Entschlussbildung, denn so bliebe das "Bild eines Getriebenen, der zu lange gezögert hat".

Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt, meinte gleichfalls, dass die Entscheidung "überfällig" gewesen sei, fürchtete gar, sie käme "zu spät". Hardt drängte auch auf Eile bei der "Ausbildung ukrainischer Soldaten" durch die deutsche Seite.

Roderich Kiesewetter, Obmann der Fraktion im Auswärtigen Ausschuss, begrüßte die Entscheidung, die aber "vier Tage zu spät" gekommen sei.

Inzwischen legte Kiesewetter nach. Im letzten Jahr die Lieferung von Schützen- und Kampfpanzern ausgeschlossen zu haben, sei ein Fehler des Bundeskanzlers gewesen. Der zweite Fehler sei, dass Scholz nun die Lieferung von Kriegsschiffen und Kampfflugzeugen ausgeschlossen habe. Scholz müsse erklären: Russland sei der "Aggressor", und die Ukraine müsse gewinnen.

Für die Linksfraktion im Bundestag erklärte deren Vorsitzender Dietmar Bartsch, dass die Lieferung von Kampfpanzern "nicht in Richtung Frieden" führe. Vielmehr können sie den "Auftakt in eine mögliche Rutschbahn Richtung Katastrophe" darstellen.

Und Amira Mohamed Ali, wie Bartsch Fraktionsvorsitzende, meinte, dass mit der Leopard-Entscheidung Bundeskanzler Scholz das Land "immer weiter in den Krieg" hineinziehen würde. Sie diagnostizierte ein "historisches Versagen der SPD, ähnlich wie 1914".

Sahra Wagenknecht fasste die Lage so zusammen: "Das war abzusehen: Dem Scharfmacher & #Bandera-Verehrer #Melnyk reichen deutsche #Leopard-Panzer nicht. Nun möchte er #Kampfjets. Einknicken von #Scholz ist Katastrophe. Was ist mit seinem Versprechen, Deutschland vor direkter Kriegsteilnahme zu schützen?"

Janine Wissler, zusammen mit Martin Schirdewan Parteivorsitzende der Linken, erklärte im ZDF, die Entscheidung stelle einen "ganz gefährlichen Irrweg" dar. Der Konflikt könne nicht militärisch, sondern nur durch Verhandlungen gelöst werden. Wissler fordert mehr "Druck" auf Russland, auch über China, aber auch eine Verschärfung der antirussischen Sanktionen.

Die Außenpolitikerin Sevim Dağdelen stellte fest, die USA schickten Deutschland "wie einen Vasallen ins Feuer". Die Entscheidung der Regierung "auf Geheiß Washingtons" bereite für Deutschland den "Weg in den Krieg". Es gelte, "jetzt den Kriegstreibern in den Arm zu fallen".

Der frühere Bundestagsabgeordnete Diether Dehm bezeichnete die Entscheidung zur Lieferung von Kampfpanzern als einen "Sieg der CIA-Medien taz, SPEICHEL & co über den Zauderer Scholz: schwere deutsche Panzer an ukrainische Nazi-Milizen". Damit wachse zusammen, "was zusammen gehört":

Der frühere Obmann der Linken im Verteidigungsausschuss des Bundestages, Alexander S. Neu, zeigte sich ob der Erklärung der Außenministerin verwundert. Denn bisher hatte die Bundesregierung erklärt, keine Kriegspartei zu sein.

Auch die ehemalige Bundestagsabgeordnete Heike Hänsel sprach von einer "fatalen Entscheidung", die "unabsehbare Folgen" für Deutschland haben könnte.

Die Fraktionsvorsitzende der AfD im Bundestag, Alice Weidel, sprach von einer "verhängnisvollen  Entscheidung", die die Bundesregierung getroffen habe. Nun fordere der frühere ukrainische Botschafter Melnyk "bereits Kampfjets".

Die Bundestagsabgeordnete Mariana Harder-Kühnel nahm eine mögliche weitergehende Entscheidungen Berlins bereits vorweg, indem sie eine Grafik mit der Überschrift "Heute opfern sie Panzer & Kampfjets, morgen unsere Töchter und Söhne" twitterte.

Der AfD-Abgeordnete Petr Bystron griff Bundeskanzler Scholz scharf an und sagte, er handele gegen die Interessen des deutschen Volkes und breche mit den Lehren aus 1945 und der Nachkriegszeit.

Tino Chrupalla, zusammen mit Alice Weidel Fraktionsvorsitzender der AfD im Bundestag, hatte sich gegen eine Genehmigung für Polen ausgesprochen, Leopard-Panzer an die Ukraine exportieren zu dürfen, und erklärte zu den Panzer-Lieferungen: "#Scholz zieht uns in den #Krieg!"

Mehr zum ThemaDie große Panzerlüge 

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.

Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.