Sozialkürzungen in Italien – ein Krieg der Herrschenden gegen die Arbeiter
Von Susan Bonath
Während die Reichen auf Kosten fremder Arbeitskraft ungeniert ihre Millionen scheffeln, dafür gern satte Fördermittel aus den Steuertöpfen abgreifen, strich Italiens Regierung unter Ministerpräsidentin Geogia Meloni nun Zehntausenden Armen von einem auf den anderen Tag die Sozialhilfe. Sie entzieht betroffenen Haushalten damit im Durchschnitt gerade einmal 552 Euro pro Monat, ein purer Schutz vor dem Verhungern. Damit bricht für Arme, welche die Regierung als arbeitsfähig erachtet, das soziale Netz komplett weg.
Programm für Kriminalität und Lohndrückerei
Wer solche Politik betreibt, fördert bewusst soziale Verwerfungen, die sich auf das Gros der Gesellschaft auswirken. Nicht nur die Gewalttaten dürften in der Folge massiv zunehmen. Denn wem das Brot in einem System genommen wird, das eben nicht für alle auskömmliche Arbeitsplätze bereithält, der wird es sich auf andere Weise beschaffen: mit Drogen- oder Menschenhandel, Prostitution oder Raubüberfällen.
Auch der Arbeitsmarkt wird erodieren, wenn Zehntausende nun gezwungen sind, sich zu miserablen Bedingungen zu verdingen. So verhilft die Regierung Hunger- und Tagelohnjobs zu neuer Blüte, Schwarzarbeit wird boomen und das Elend der Obdachlosen unter Italiens Brücken weiter zunehmen.
Davon betroffen sein werden nicht nur jene 170.000 Menschen, die ab August keine Grundsicherung mehr erhalten. Denn wer nur die Wahl hat, zu sklavenähnlichen Bedingungen zu schuften, wenn er nicht in der Gosse landen will, sorgt automatisch für mehr Nachfrage an Billigjobs. Das befeuert selbstredend die Ausbreitung von ungezügelter Lohndrückerei. Einst hart erkämpfte Arbeiterrechte werden verschwinden.
Auch Deutschland schuf mit Hartz IV einen gigantischen Niedriglohn- und Leiharbeitssektor. Dafür genügte die Drohung an Erwerbslose, ihnen das Existenzminimum zu entziehen, wenn sie nicht jedweden prekären Job annehmen. Auch deshalb arbeitet heute noch jeder Dritte in Ostdeutschland für Niedriglohn, und immer mehr Obdachlose, Drogenabhängige und Bettler bevölkern die Bahnhöfe deutscher Großstädte.
Teilen und herrschen
Melonis Programm treibt den Konkurrenzkampf unter den Lohnabhängigen auf die Spitze und eskaliert ein dem System dienliches Hauen und Stechen, das den Zorn der Unterdrückten weg von den Ausbeutern auf ihresgleichen lenkt. Es ist das übliche Spiel der Mächtigen: Teile und Herrsche.
Plötzlich geht es nicht mehr darum, wer wen unterjocht und wer die größten Profite einsteckt – nicht selten mit kriminellen Methoden. Es geht nicht mehr um Gewinn abschöpfende Kriegstreiber und Waffenlieferanten, sondern um angebliche "Faulpelze" unter den Ärmsten, von denen – große Empörung! – einige zu Unrecht das Minisalär abgreifen könnten.
Selbst wenn jemand 50 Jahre lang – zu Recht oder zu Unrecht – die bisher pro Alleinstehendem maximal gezahlten 500 Euro plus 280 Euro Mietzuschuss erhalten würde, käme er in dieser Zeit auf nicht einmal 470.000 Euro. Das ist weniger, als die allermeisten Villen jener Reichen wert sind, die in aller Regel auf viel fragwürdigere Weise zu ihren Millionen oder Milliarden kamen.
Die Milliardäre aber können sich beruhigt in ihren umzäunten und bewachten Anwesen zurücklehnen, wenn jene, die für sie die Arbeit verrichten, aufeinander losgehen. Nicht nur in Italien.
Nach unten treten
In deutschen Medien entfachte Melonis Sozialabbauprogramm eine Hetzdebatte von jener Art, wie sie in den letzten 30 Jahren jeden sozialen Kahlschlag begleitete: Der Druck auf Italiens Erwerbslose sei richtig, und Deutschland müsse nachziehen, so Springers WELT. Deren übliches "Argument": Für deutsche Bürgergeld-Bezieher lohne sich die Aufnahme einer Lohnarbeit oft nicht. Dass dies nicht am "hohen" Bürgergeld, sondern an niedrigen Löhnen liegt, die nicht einmal die Inflation ausgleichen, bleibt unerwähnt.
Der FOCUS, wie Springer angeblich demokratisch gesinnt, versucht sich derweil in gewohnter Herrenmenschenmanier im weiten Feld des Rassismus. Deutschland zahle Hunderttausenden Flüchtlingen Bürgergeld, weil sie keiner oder einer nicht ausreichend entlohnten Arbeit nachgingen. Und schon ist der ethnische Kampf um die Brosamen entbrannt: Nicht, dass ein armer Schlucker ein paar Euro zu viel bekommt! Die wahren Profiteure aller Miseren geraten aus dem Fokus – nach unten treten ist angesagt.
Da gerät schnell aus dem Blick, dass die westlichen Regierungen, darunter Italien, die Armut und folgend die Flüchtlingsströme in aller Welt maßgeblich durch ihre imperialistische Wirtschaftspolitik verursachen. Man vergisst mal eben, was passiert, wenn sich die Ärmsten nun entscheiden müssten: Verhungern oder kriminell werden. Und dass die meiste Korruption und Kriminalität noch immer nicht unten, sondern oben grassiert.
Pervertierter Arbeitsbegriff
Pervertiert wird auch der Arbeitsbegriff, indem ausschließlich der Lohnarbeit ein gesellschaftlicher Nutzen zugeschrieben wird. Das ist so falsch wie viele Märchen der Machtelite. Denn wer für Lohn arbeitet, muss in erster Linie für den Profit eines anderen sorgen, nicht etwa für gesellschaftlichen Nutzen.
Das Repertoire an Bullshitjobs ist schier unerschöpflich. Ohne Gratis-Ehrenämter allerorts wäre die Gesellschaft vermutlich längst zerbrochen. Und selbst wer tatsächlich gar nichts tut, was wohl eher selten ist, schadet der Allgemeinheit oft weniger als so mancher Manager oder Politiker.
Besonders rege schüren die Mächtigen den Mythos, dass Erwerbslosigkeit auf purer Faulheit beruhe. Erinnert sei an die Propaganda im Zuge der Einführung der Sozialabbau-Agenda 2010 mit aufgeblasenen Einzelfall-Beispielen wie "Florida-Rolf" und "Mallorca-Karin".
Dabei hat Erwerbslosigkeit im Kapitalismus viele andere Ursachen: Fehlende Jobs, mangelnder Zugang zu Bildung und Ausbildung aufgrund von Armut oder Flucht, physische-, psychische- und Suchterkrankungen, Sprachbarrieren, Wohnungslosigkeit, verschiedene Lebenskrisen und Probleme, sich in der Konkurrenzgesellschaft mit ausgeprägter Hackordnung zu behaupten, nur als Beispiel.
Paradies für kriminelle Reiche
Wie das Internet-Portal "italien-sehenswertes.de" berichtet, gab der italienische Staat vergangenes Jahr insgesamt rund acht Milliarden Euro für das Bürgergeld aus. Aktuell sollen rund 170.000 Haushalte herausgefallen sein, 80.000 könnten demnächst hinzukommen. Bei einem durchschnittlichen Bezug von 552 Euro pro Monat und Haushalt würde der Staat künftig 1,65 Milliarden Euro pro Jahr einsparen.
Zum Vergleich: 2022 steckte Italien rund 33,5 Milliarden US-Dollar, was in etwa dem Euro-Betrag entspricht, in sein Militär und dessen Aufrüstung – Tendenz wie in allen NATO-Ländern steigend. Bei den Reichen ist Steuerhinterziehung zum Gruppensport geworden, im Jahr 2016 sollen dem italienischen Staat dadurch etwa 91 Milliarden Euro entgangen sein. Mit korrupten Reichen hat Regierungschefin Meloni aber kein Problem.
Kein Wunder, denn Meloni handelt wie alle Regierungen des imperialistischen Westens: Sie vertritt die Reichen – die Großaktionäre der multinationalen Konzerne, die Eigener und Manager der Finanzkartelle, die Kriegstreiber, Waffenlieferanten und ihre bezahlten Propagandisten aus Wirtschaft und Politik – jene eben, in deren Taschen der von der Mehrheit erwirtschaftete Reichtum fließt.
Denn nichts ist so kompatibel mit dem westlichen Imperialismus wie kriminelle Superreiche. Nur die "kleinen Leute" sollen gefälligst arbeiten und gehorchen. Wenn sie dann noch aufeinander losgehen, lässt es sich gut regieren und herrschen – jedenfalls noch.
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