Meinung

Corona-Impfpflicht im Gesundheitswesen trotz fragwürdigen Nutzens – eine Bestandsaufnahme

Mitte März dieses Jahres trat die Impfpflicht im Gesundheitswesen in Kraft. Dabei wogen die Hinweise auf mangelnde Wirkung, schwere Nebenwirkungen und Todesfälle schwer, die Zuspitzung der Personalkrise war absehbar. Es war ein Glaubenskrieg mit Folgen, die aufgearbeitet gehören.
Corona-Impfpflicht im Gesundheitswesen trotz fragwürdigen Nutzens – eine BestandsaufnahmeQuelle: www.globallookpress.com © IMAGO/Olaf Schuelke

Von Susan Bonath

Dem deutschen Gesundheitswesen mangelt es massiv an Personal. Dennoch drangsalierte der Gesetzgeber die Beschäftigten in diesem Jahr besonders hart. Seit dem 15. März werden sie – teils noch bis heute – mit Bußgeldern und Betretungsverboten inklusive Lohnsperren genötigt, sich gegen Corona impfen zu lassen. Der Rest der Bevölkerung schlitterte im April nur knapp daran vorbei.

Dabei war zum Zeitpunkt dieses Beschlusses der sogenannten Impfnachweispflicht, am 10. Dezember 2021, längst bekannt, dass die Vakzine die Begründungen der Befürworter unter den Politikern nicht ansatzweise erfüllen. Man wollte mit dem Durchimpfen des gesamten Personals die "vulnerablen Gruppen" schützen, also Pflegebedürftige, Patienten in Kliniken, Bewohner von Behinderten-Einrichtungen jeglichen Alters. Dabei war die Mär vom Übertragungsschutz schon seinerzeit längst widerlegt.

Bereits seit Beginn der Kampagne berichteten die Medien über reihenweise Impfdurchbrüche in Pflegeheimen, auf Partys und andernorts. Mehr noch: Man wusste schon früh von schweren und tödlichen Nebenwirkungen durch die Vakzine. Die Befürworter im Parlament nahmen die Gefahren offenbar in Kauf.

Am 7. April dieses Jahres legten sie sogar noch eins drauf: Knapp 300 Abgeordnete, fast die Hälfte des Deutschen Bundestages, forderte zunächst die allgemeine Impfpflicht für die gesamte erwachsene Bevölkerung. Uneinigkeit führte zu einer kurzfristigen Anhebung der Altersgrenze auf 60 Jahre. Nach dem Beschluss konnten potenziell Betroffene dann aufatmen: Kein Antrag passierte mit einer Mehrheit den Bundestag. Wie konnte es trotz bekannter mangelhafter Wirksamkeit und vorhandener, aber wenig untersuchter Risiken soweit kommen?

Phrasen ohne Evidenz

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wollte mit der Pflegeimpfpflicht "die Krise beenden, die aggressive Delta-Welle brechen und eine Omikron-Welle verhindern". Die einzige Alternative zur Schließung von Geschäften sei der Ausschluss von Ungeimpften und das Vermeiden von Kontakten mit ihnen, so Lauterbach damals. Die Impfpflicht sei nötig, "weil sonst Menschen in Einrichtungen sterben (...), weil dort Ungeimpfte gearbeitet haben". Er erklärte praktisch Ungeimpfte zum Sündenbock.

Janosch Dahmen (Bündnis 90/Die Grünen) bezeichnete den Vorstoß im Dezember 2021, inklusive 3G am Arbeitsplatz und im Verkehr, als "erfolgreiches Krisenmanagement", das man "konsequent durchsetzen" müsse. "Nur durch Impfen und konsequentes Boostern schützen wir die Menschen", konstatierte er.

Nina Warken (CDU) fand das Gesetz sogar "zu zögerlich": "Wir befinden uns im Krieg gegen das Virus und im Krieg sollte man nicht abrüsten." Sie hätte die Impfpflicht lieber noch mehr ausgeweitet "auf das Personal in Kitas und Schulen". Nur so könne man die ungeimpften Kinder schützen.

Diese drei Beispiele stehen für mediales Geschrei im Stundentakt in dieselbe Richtung: Mit den neuartigen mRNA-Vakzinen könne man das Virus eliminieren. Wer nicht mitmache, sei unsolidarisch. "Experten" durften in der Leitpresse fordern, "Impfverweigerer" nicht nur komplett abzusondern, sondern sie zu höheren Krankenkassenbeiträgen und zur Selbstzahlung ärztlicher Behandlungskosten zu verdonnern. Sie durften ihren Bestrafungsfantasien freien Lauf lassen.

"Impfdurchbrüche" von Anfang an

Dabei gab es nie eine Evidenz für den vermeintlichen Übertragungsschutz, im Gegenteil. Schon wenige Wochen nach Beginn der Kampagne erkrankten reihenweise frisch geimpfte Heimbewohner und Pflegekräfte an dem Virus, zum Beispiel in Ueckermünde, in Mitteldeutschland und Nordrhein-Westfalen. Auch vor dem Tod schützten die Vakzine wohl nicht.

Im zweiten Halbjahr überschlugen sich die Medien weiter mit derlei Meldungen. Ob im rheinland-pfälzischen Speyer oder anderswo: Überall erkrankten seinerzeit "vollständig" Geimpfte teils schwer an Corona. Viele Medien beschwichtigten. Die Augsburger Allgemeine erklärte, "Warum man trotz Impfung an Corona erkranken kann".

Auf sogenannten 2G-Partys, zu denen nur vollständig Geimpfte (und frisch Genesene) zugelassen waren, breitete sich die "Seuche" genauso aus, beispielsweise im September 2021 in Münster und einen Monat später in Berlin. Das sei alles nicht so tragisch, kolportierte die Populärwissenschaft Ende August 2021. Sie mahnte: Die Präparate schützten immerhin vor schweren Verläufen.

Nachgewiesene Impftote

Es gab Ende 2021 längst nicht nur Erkenntnisse über mangelhafte Wirksamkeit der Präparate. Man wusste schon so einiges über schwere Nebenwirkungen. Die ersten Impftoten waren bereits nachgewiesen worden, als Lauterbach drei Monate vor dem Beschluss von einer "nebenwirkungsfreien Impfung" schwadronierte.

Im Mai 2021 war der Todesfall Dana Ottmann rechtsmedizinisch geklärt. Die 32-Jährige starb an den Folgen der Corona-Impfung. Sie erlag einer Hirnblutung, wie unter anderem die Welt berichtete. Drei Monate zuvor machten Sterbewellen nach den Massenimpfungen in Pflegeheimen die Runde.

Sterbewellen in durchgeimpften Heimen

Frisch geimpft und doch gestorben: Das Thema beherrschte bereits kurz nach Beginn der Impfungen in den Pflegeheimen Ende Dezember 2020 viele Medien. In Leverkusen und Leipzig, in Norwegen und am Bodensee, in Berlin und Weyhe und anderswo fiel es auf: Alte Menschen starben direkt nach ihrer Impfung. Problem: Genau untersucht wurde dies in der Regel nicht.

Eine Ausnahme gab es in Köln, der Rechtsmediziner forderte bereits im Februar 2021, alle Menschen, die nach einer Corona-Impfung plötzlich verstarben, flächendeckend zu obduzieren, egal ob alt oder jung – ein bis heute nicht erfüllter Wunsch. Zunächst schob man es auf eine verspätet einsetzende Wirkung, dann auf Alter oder Vorerkrankungen.

Die Sache mit den Vorerkrankungen

Angeblich unerkannte Vorerkrankungen dienten wenig später als Begründung für Todesfälle bei Jüngeren. Das galt für einen 32-Jährigen in Bochum genauso wie einige Monate später für den 12-jährigen Jason aus Cuxhaven.

Bereits bis Ende September 2021 waren dem Paul-Ehrlich-Institut über 1.800 Verdachtstodesfälle gemeldet worden, darunter fünf plötzlich und unerwartet verstorbene Kinder – obwohl die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut (RKI) erst Mitte August 2021 die mRNA-Vakzine für 12- bis 17-Jährige empfohlen hatte. Hinzu kamen über 20.000 gemeldete Verdachtsfälle auf schwerwiegende Nebenwirkungen. Eingehend untersucht wurden die allermeisten davon nie. Selbst wenn Betroffene tatsächlich vorerkrankt gewesen sein sollten, ist das mitnichten ein Beweis für einen fehlenden Zusammenhang.

Absichtlich weggeschaut?

Es gab also Hinweise ohne Ende auf eine mindestens mangelhafte Wirksamkeit und schwerwiegende Nebenwirkungen, als die einrichtungsbezogene Impfpflicht beschlossen wurde. Es gab sogar erwiesene Impftote. Und man muss dazusagen: Nicht oder unzureichend untersuchte Meldefälle bleiben solange Verdachtsfälle, bis der Verdacht auf einen Zusammenhang mit der Impfung zweifelsfrei ausgeschlossen wurde. Bis heute wurde kein Beispiel öffentlich bekannt, bei dem das geschah.

Der Verdacht des absichtlichen Wegschauens liegt da weitaus näher. Und dabei geht es eben nicht um tolerierbare Lappalien, sondern um reale Schickale, um gestohlene Lebenszeit, um dauerhafte Schäden, um unwiederbringlich verstorbene Angehörige.

Darüber hinaus breitete sich ab Januar dieses Jahres die mildere Omikron-Variante aus. Selbst das RKI kann bis heute nicht klar beziffern, inwieweit die Impfstoffe dagegen überhaupt wirken. Trotzdem trat die Impfpflicht für das Gesundheitspersonal im März in Kraft.

Bußgelder, Betretungsverbote, Kündigungen

Ungeachtet all der Alarmsignale verfolgten Behörden mancherorts noch in diesem November und Dezember ungeimpfte Pflegekräfte mit Bußgeldern, zum Beispiel im Alb-Donau-Kreis, in Ulm und Jena. Hamburg erteilte offiziell 250 Pflegekräften ein Betretungsverbot, sperrte sie also vom Dienst aus und zahlte keinen Lohn. All dies, obwohl die Impfpflicht zum Jahreswechsel ausläuft.

Die Stadt Leipzig suspendierte kürzlich sogar Feuerwehrleute vom Dienst, die sich die Spritze nicht geben lassen wollten. Im Landkreis Vorpommern-Greifswald hielten offenbar 200 ungeimpfte Pflegekräfte dem Druck nicht stand und verließen die medizinische Branche komplett. Auch anderswo sahen Betroffene keinen anderen Ausweg, als zu kündigen. Wie viele Pflegekräfte tatsächlich den Job verlassen haben, ist nicht bekannt. Die Zahlen wurden nicht erhoben.

Personalmangel spitzte sich zu

Ziemlich sicher trugen der Druck und die Verfolgung Ungeimpfter dazu bei, dass die Kliniken in diesem Jahr weitere Intensivbetten stilllegen mussten. So schrumpfte ihre Anzahl auf Erwachsenen-Stationen nach den Angaben der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) von 21.800 Mitte März 2022 auf nur noch 20.100 Betten Mitte Dezember dieses Jahres – immerhin um knapp acht Prozent. Anfang 2021 betrieben die Intensivstationen demnach sogar noch annähernd 24.000 Erwachsenen-Betten.

Ob in süddeutschen Notaufnahmen, norddeutschen Krankenhäusern oder bayerischen Pflegeheimen: Der Personalschwund war abzusehen. Die Versorgung der Bevölkerung – also gerade jener vulnerablen Gruppen, welche die Politik doch vor Corona schützen wollte – kann in Deutschland immer weniger gewährleistet werden. Die Zahl der Opfer: unbekannt.

Realitätsverweigernde Hardliner

Als die Impfpflicht Mitte März in Kraft trat, war Omikron seit zweieinhalb Monaten in Deutschland unterwegs. Zu dieser Zeit war das Narrativ vom Übertragungsschutz längst zerbröckelt. Bereits seit Jahresbeginn konnte das RKI selbigen nicht mehr beziffern. Auch die bis heute politisch und medial vorgetragene Behauptung, die Präparate schützten wirksam die Geimpften vor einem schweren Krankheitsverlauf, war längst ins Wanken geraten.

So unterschied sich die Impfquote auf den Intensivstationen immer weniger von jener in der Gesamtbevölkerung. Vom 7. Februar bis 6. März war dort nach RKI-Angaben nur noch ein knappes Drittel der Patienten ungeimpft, in der Gesamtbevölkerung lag dieser Anteil seinerzeit bei 24 Prozent. In nur zwei Wochen war der Anteil ungeimpfter Intensivpatienten auf ein Viertel gesunken, der von dreifach Geimpften hingegen von 35 auf 44 Prozent gestiegen.

Trotzdem stimmte der Deutsche Bundestag noch am 7. April dieses Jahres über Varianten einer Impfpflicht für Teile der Bevölkerung ab. Die Hardliner hätten am liebsten die gesamte Bevölkerung durchgeimpft. Dazu gehört auch der Bundesgesundheitsminister Lauterbach. Er mutmaßte damals, ohne im Besitz von Fakten zu sein: "Wenn sich niemand geimpft hätte, hätten wir jetzt die Katastrophe." Dass Omikron so milde sei, liege daran, dass "viele schon geimpft sind".

Die SPD-Abgeordnete Dagmar Schmidt warnte schon im April vor diesem Herbst. Zum Schutz vor Krankenhaus-Einweisungen und Maßnahmen müsse die Impflücke geschlossen werden, forderte sie. Janosch Dahmen von den Grünen fabulierte, einzig die Impfpflicht führe aus der Pandemie. Er ärgerte sich, dass seine eigene Gruppe aufgrund des großen Gegenlagers zurückrudern und die Altersgrenze auf 60 Jahre anheben musste. "Die Prävention mit der Impfpflicht bringt uns raus aus der Pandemie", so Dahmen.

Der FDP-Mann Andrew Ullmann wollte "das Gesundheitssystem schützen", um wieder "Freiheit zu ermöglichen". Und dabei gehe es "um Fremdschutz, nicht um Selbstschutz". Nina Warken von der CDU gab sich enttäuscht, dass kein gemeinsamer Gesetzentwurf für eine Impfpflicht – welcher Art auch immer – zustande gekommen war. Ihr Konzept: Die Impfpflicht für über 50-Jährige auf Vorrat. Man müsse sich auf schlimmere Varianten vorbereiten.

Folgen gehören aufgearbeitet

Im Rückblick kann man das gesamte Prozedere als das benennen, was es war: Faktenfreies Geschwurbel, also genau das, was all die öffentlichkeitswirksamen Hardliner in den Leitmedien all den Skeptikern vorgeworfen hatten. Es war eine Glaubensdebatte.

Denn all die vor einigen Monaten, teils bis heute genannten Begründungen wurden niemals ernsthaft untersucht, im Gegenteil: Es wurde weggeschaut, geleugnet, diskreditiert, spekuliert – in der Politik genauso wie in Wissenschaftsbetrieben und vielen Medien. Das blieb – sowohl im Gesundheitswesen als auch in der Allgemeinbevölkerung – nicht ohne Folgen; und diese gehören aufgearbeitet.

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