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Pakistanischer Ex-Premier Imran Khan wirft Westen "selektive Wahrnehmung" vor

In einem Interview mit dem libanesischen Nachrichtensender Al Mayadeen kritisierte der ehemalige pakistanischen Premierminister Imran Khan das Vorgehen der USA und der EU im Ukraine-Konflikt. Zudem verwahrte er sich gegen jede Einmischung in die pakistanische Politik.
Pakistanischer Ex-Premier Imran Khan wirft Westen "selektive Wahrnehmung" vorQuelle: AFP © Aamir Qureshi

Nach Angaben des ehemaligen pakistanischen Premierministers und Vorsitzenden der Partei PTI Imran Khan wurde er von Botschaftern der Europäischen Union unter Druck gesetzt, die russische Militäroperation in der Ukraine öffentlich zu verurteilen.

Khan bezeichnete dies in einem Interview mit dem libanesischen Nachrichtensender Al Mayadeen als "beispiellos" und "gegen diplomatische Normen".

Im Gegensatz zu Pakistan hätten die EU-Botschafter Indien nicht aufgefordert, die Operation zu verurteilen, da Neu-Delhi ein Partner und Verbündeter Washingtons sei, so Khan.

Der Ex-Premier betonte, dass seine Vorstellung von internationalen Beziehungen im Interesse der 200 Millionen Menschen in Pakistan liege. Er erklärte:

"Wie können sie es wagen, sich in meine Innenpolitik einzumischen?"

Infolge des Anstiegs des weltweiten Ölpreises habe Pakistan, ebenso wie Indien, mit Russland verhandelt, um Öl zu niedrigen Preisen zu erhalten, um eine Inflation zu vermeiden, die zu Armut führe, erklärte Khan und wies darauf hin, dass eine Verurteilung der Operation dies gefährden würde.

Khan wies auf die Selektivität der ethischen Standards von EU- und US-Botschaftern hin, insbesondere wenn es um Interessen ihrer Länder geht, und fügte hinzu:

"Sie verurteilen nicht, was in Palästina oder in Kaschmir geschieht, weil Israel ihr Verbündeter ist und Indien ihr Verbündeter ist."

In Bezug auf die Lage in Kaschmir vertrat der ehemalige pakistanische Premierminister die Auffassung, dass die einzig praktikable Lösung darin bestehe, den Kaschmiris Autonomie zu gewähren.

Er erinnerte daran, dass vor 70 Jahren eine Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen den Menschen in Kaschmir versprochen hatte, dass sie ihr eigenes Schicksal durch ein Plebiszit bestimmen können, ob sie zu Indien oder Pakistan gehören wollen.

"Man kann die Menschen nicht durch den Lauf einer Waffe versklaven", bekräftigte Imran Khan und fügte hinzu:

"Leider habe ich keine Hoffnung in die derzeitige Regierung in Indien."

Nach Ansicht des PTI-Vorsitzenden macht die israelische Besatzung dasselbe mit den Palästinensern. Khan erklärte dazu:

"Wie kann man Menschen ihr Recht vorenthalten, als freie, befreite Menschen zu leben?"

Israel müsse den Palästinensern früher oder später ihre Rechte zugestehen, andernfalls werde das Problem nicht gelöst werden können, fügte er hinzu.

Der ehemalige pakistanische Premierminister wies zudem darauf hin, dass er die Einrichtung eines US-Militärstützpunktes in Pakistan abgelehnt habe, weil die Beteiligung seines Landes am sogenannten "Krieg gegen den Terror" der USA 80.000 getötete Pakistaner, wirtschaftliche Verluste in Höhe von über 100 Milliarden US-Dollar und mehr als 400 US-Drohnenangriffe in Pakistan zur Folge gehabt habe. Er erklärte:

"Uns wurde vorgeworfen, ein doppeltes Spiel zu spielen, und uns wurde nicht einmal die Anerkennung für die Opfer zuteil, die dieses Land im Kampf gegen die USA gebracht hat."

Imran Khan rief in dem Interview aber dennoch zu guten Beziehungen nach Washington auf und erklärte, die USA seien eine Supermacht und ein Handelspartner. Er wies auch darauf hin, dass die stärkste pakistanische Gemeinschaft im Ausland die pakistanisch-US-amerikanische Gemeinschaft sei. Doch meinte Khan zugleich:

"Wir müssen ein gutes Verhältnis zu ihnen haben, aber – wissen Sie – eine Beziehung, die von Würde und Respekt geprägt sein muss."

In Bezug auf die Beziehungen Pakistans zu den westasiatischen und muslimischen Ländern sagte der PTI-Vorsitzende, die islamische Welt befinde sich in einer "schrecklichen Situation", da die meisten ihrer Länder Konflikte erlebten.

Er erklärte, dass die anhaltenden Konflikte zwischen Ländern, die enge Beziehungen zu Pakistan unterhalten – wie Iran, Saudi-Arabien und die Türkei – auch sein Land betreffen.

Für den Fall seiner Rückkehr an die Macht wies Khan darauf hin, dass die größte Herausforderung für ihn darin bestehen werde, Pakistan aus der schlimmsten Wirtschaftskrise seit 75 Jahren zu befreien.

In diesem Zusammenhang erklärte Khan, dass Pakistan nur durch die Verbreitung von Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit aus dem wirtschaftlichen Schlamassel herauskommen wird:

"Sie müssen bedenken, dass Länder, in denen Rechtsstaatlichkeit herrscht, florieren, während Länder, in denen das Gesetz des Dschungels gilt, als Bananenrepubliken bezeichnet werden. Nicht weil es ihnen an Ressourcen mangelt, sondern weil sie keine Gesetze haben."

Auf die Frage, ob es hinter verschlossenen Türen Gespräche über das Aufgeben des pakistanischen Atomwaffenprogramms als Gegenleistung für die wirtschaftliche Rettung gebe, wies der ehemalige Premierminister darauf hin, dass die Sicherheit Pakistans ohne den Schutz durch Atomwaffen gefährdet sei, da es von Indien bedroht werde, einem Land, das schätzungsweise siebenmal so groß sei wie Pakistan. Er erklärte, dass ein Land, das wirtschaftlich bankrott sei, unter Druck gesetzt werde, seine Atomwaffen aufzugeben.

Khan verlor am 9. April 2022 als damaliger Premierminister ein Misstrauensvotum gegen seine Regierungsführung. 174 von 342 Abgeordneten stimmten gegen Khan. Es war das erste Mal in der Geschichte Pakistans, dass das Parlament einen Regierungschef absetzte.

Khan teilte anschließend hochrangigen Mitgliedern seiner Partei und ehemaligen Regierungsministern mit, dass Donald Lu, der stellvertretende US-Außenminister für süd- und zentralasiatische Angelegenheiten, in die "ausländische Verschwörung" zum Sturz seiner Regierung verwickelt gewesen sei. Grund für diese Einmischung in die Innenpolitik sei seine unabhängige Außenpolitik gewesen.

Im August 2022 hielt Khan eine Rede in Islamabad, in der er Foltervorwürfe an einen Unterstützer herausstellte und ankündigte, Polizisten und Richter vor Gericht zu bringen. Daraufhin erhielt er einen TV-Bann für seine Rede und wurde für die Drohungen gegen Polizisten und Richter angezeigt. Mitte Oktober verbot ihm die Wahlkommission von Pakistan für fünf Jahre, sich um ein gewähltes Amt in der Regierung zu bewerben.

Am 3. November 2022 wurde Khan bei einem Attentatsversuch während eines Protestmarsches in der Provinz Punjab angeschossen und verletzt. Khan behauptete anschließend, dass Premierminister Shehbaz Sharif, dessen Innenminister Rana Sanaullah und Nadeem Anjum, der Chef des pakistanischen Geheimdienstes ISI, das Attentat "gemeinsam geplant" hatten. Als Begründung führte Khan an, dass er vorhabe erneut als Premierminister zu kandidieren.

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