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NBC-Journalist Keir Simmons auf ukrainische "Todesliste" gesetzt

Für einen NBC-Journalisten bleibt sein Bericht über die russische Halbinsel Krim nicht folgenlos. Denn die berüchtigte "Mirotworez"-Datenbank im Internet stuft den Briten Keir Simmons nun als prorussischen "Propagandisten" ein.
NBC-Journalist Keir Simmons auf ukrainische "Todesliste" gesetzt© Screenshot Mirotvorets

Der NBC-Korrespondent Keir Simmons ist für seine Krim-Berichterstattung von ukrainischen Aktivisten, die angeblich als "nichtstaatliche Organisation" agieren, als Feind der Ukraine auf eine berüchtigte Webseite "Mirotworez" dieser selbsternannten "Friedensstifter" gesetzt worden. Zudem kündigte auch die Regierung in Kiew an, gegen den britischen Journalisten ermitteln zu wollen. "Der Besuch der vorübergehend besetzten Krim vom Territorium der Russischen Föderation aus ist ein Verstoß gegen die Gesetzgebung der Ukraine", sagte der Sprecher des ukrainischen Außenministeriums, Oleg Nikolenko, am Mittwoch:

"Wer dagegen verstößt, kann rechtlich belangt werden, zum Beispiel mit einem Einreiseverbot in die Ukraine für solche Handlungen."

Das umstrittene Unternehmen Mirotworez, das nach eigenen Angaben sowohl einen Sitz in der polnischen Hauptstadt Warschau als auch im US-amerikanischen Langley – dem Hauptquartier der CIA in Virginia – unterhält, wurde im Jahr 2014 von Anton Geraschtschenko gegründet, einem ehemaligen Berater des ukrainischen Innenministeriums. Auf der Webseite, die dem Vernehmen nach sowohl vom ukrainischen Sicherheitsdienst (SBU) als auch von westlichen Nachrichtendiensten unterstützt wird, werden regelmäßig detaillierte personenbezogene Informationen samt Adressen und Telefonnummern von angeblichen "Feinden der Ukraine" veröffentlicht.

Traurige Berühmtheit erlangte die Webseite durch die Bekanntmachung der personenbezogenen Daten von über 4.000 Journalisten und anderen Medienvertretern aus aller Welt, die in der Donbass-Region im Osten der Ukraine gearbeitet oder eine Akkreditierung für diese Region erhalten hatten. Mehrere dort gelistete Personen waren nur wenige Tage, nachdem ihre Namen auf der Liste aufgetaucht waren, ermordet worden, darunter der ukrainische Schriftsteller Oles Busyna, der ehemalige Parlamentarier Oleg Kalaschnikow und der italienische freischaffende Journalist Andrea Rocchelli, gemeinsam mit dem früheren russischen Dissidenten Andrei Mironow. Viele andere auf Mirotworez genannte Personen erhielten bisher "nur" Morddrohungen.

Für das Vorgehen war die Regierung in Kiew seinerzeit noch von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) scharf verurteilt worden. Bereits 2016 hatte die OSZE erklärt, es sei "einfach inakzeptabel, dass Journalisten für das, was sie sagen oder schreiben, bedroht werden". Allerdings konnte auch die OSZE mit ihrer Kritik dem umstrittenen Treiben kein Ende bereiten. Es wird geschätzt, dass derzeit rund 200.000 Namen und deren Daten auf der Mirotworez-Liste stehen, darunter auch die von vielen Einwohnern auf der Krim. Der Name des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad wurde bereits 2018 hinzugefügt, auch der US-Schauspieler Steven Seagal und der französische Filmstar Gerard Depardieu stehen ebenfalls auf der Liste.

Der ermordete italienische Journalist Rocchelli war bereits unmittelbar nach dem Maidan-Putsch im Jahr 2014 in der Liste aufgetaucht. Er wurde noch im selben Jahr von der ukrainischen Armee getötet, seine "Akte" auf Mirotworez wurde daraufhin stolz mit dem Vermerk "liquidiert" versehen. Rocchelli war seinerzeit von der ukrainischen Regierung beschuldigt worden, mit "prorussischen terroristischen Organisationen" zu kollaborieren. Simmons wird in seiner auf Mirotworez veröffentlichten "Akte" hingegen der "Verletzung der Souveränität der Ukraine", der Teilnahme an oder Verbreitung von russischer Propaganda und der "versuchten Legalisierung der Besatzung" beschuldigt.

Simmons war mit einem Zug von Moskau aus über die Krim-Brücke nach Kertsch auf die Halbinsel gereist. Er berichtete über die seiner Meinung nach im Oktober letzten Jahres "in einem strategischen und symbolischen Schlag" gegen Russland gesprengte, aber "jetzt vollständig wiederhergestellt" nutzbare Brücke. Dort angekommen, hatte er sich in eine NBC-Nachrichtensendung eingeschaltet, die live aus Sewastopol übertragen wurde, und behauptet, dass dies "die größte Annäherung eines US-Nachrichten-Teams an die russische Schwarzmeerflotte seit vielen, vielen Jahren" gewesen sei. Im Verlauf der Sendung hatte Simmons zudem Zweifel an den Hoffnungen von US-Beamten geäußert, die Krim könne mit der Zeit "entmilitarisiert" und von ukrainischen Truppen wieder eingenommen werden. Allerdings hatte er Russland in der gleichen Übertragung unterstellt, die dortigen Anwohner in irgendeiner Weise eingeschüchtert zu haben, obwohl diese ihm zuvor ausdrücklich Gegenteiliges berichtet hatten.

Die US-Regierung hat sich bisher noch nicht zu dem Fall geäußert. Auch aus dem Vereinigten Königreich war bisher keine Stellungnahme zu vernehmen, obwohl Simmons britischer Staatsbürger ist. Dennoch ist davon auszugehen, dass westlichen Regierungen das alles natürlich bekannt ist. Unter den Tausenden von Personen, deren Namen auf Mirotworez aufgeführt sind, befinden sich Journalisten, Geschäftsleute und Politiker – sowohl Ukrainer als auch eine Vielzahl von Ausländern. Neben Simmons tauchen auch die Namen des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán, des ehemaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder und des ehemaligen US-Außenministers Henry Kissinger auf. Den völlig inhumanen Charakter der Webseite verdeutlicht die Tatsache, dass selbst die Namen von mehr als 300 Kindern dort aufgeführt werden.

Eigentlich sollte es das oberste Ziel jeder Regierung sein, die eigenen Staatsbürger zu beschützen. Aber zu Zeiten, nachdem sogar der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder auf die "Todesliste" gesetzt worden war, hat es die deutsche Bundesregierung nicht für nötig gehalten, in Kiew offiziell gegen solche Praktiken der Einschüchterung und Bedrohung zu intervenieren. Stattdessen teilte die Bundesregierung damals mit: "Wir haben der ukrainischen Seite unsere Position schon in der Vergangenheit deutlich gemacht und wir haben darauf gedrungen, dass die ukrainische Regierung auf die Löschung dieser Webseite hinwirkt. Das werden wir auch jetzt tun." Auch das waren nur leere Worte, wie sich später herausstellen sollte, denn bisher ist nichts dergleichen passiert. Anstatt auf die Löschung der Seite zu drängen, unterstützt die Bundesregierung die ukrainische Regierung weiterhin mit Milliarden und Waffen, indem sie behauptet, Kiew kämpfe damit für "Demokratie" und "Freiheit".

Auch in westlichen Medien wird über die öffentliche "Tötungsliste", die sich gegen alle richtet, die das Kiewer Regime infrage stellen, bisher kaum berichtet. "Diese Tötungsliste wird vom ukrainischen Innenministerium geführt, das eine Adresse in Langley, Virginia, angibt und eine IP in Brüssel hat", sagte der US-amerikanische politische Aktivist Jackson Hinkle, der am Mittwoch ebenfalls in die Datenbank aufgenommen wurde. Hinkle wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Mirotworez sogar die Ermordung der russischen Journalistin Darja Dugina im vergangenen Jahr feierte, für die Berichten zufolge selbst der der US-Geheimdienst Teile der ukrainischen Regierung verantwortlich gemacht hat.

Jüngst waren auch der kroatische Präsident Zoran Milanović und der Rockmusiker Roger Waters in die Liste aufgenommen worden, weil sie sich gegen das im Westen verbreitete Narrativ über den Ukraine-Krieg ausgesprochen hatten. 

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