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RT-Chefin Simonjan: "In Ostdeutschland leben Deutsche, im Westen deutschsprachige Amerikaner"

RT-Chefin Margarita Simonjan warnte in einer Sendung im russischen TV vor weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine. Dabei ging sie auch auf eine Meinungsumfrage des Mitteldeutschen Rundfunks ein, wonach 94 Prozent der Hörer im Osten gegen die Lieferung von Panzern waren. Über allem schwebte die Frage, wie man später noch zusammenleben könne.
RT-Chefin Simonjan: "In Ostdeutschland leben Deutsche, im Westen deutschsprachige Amerikaner"© RTR Rossija 1

In Ostdeutschland leben noch "echte Deutsche", die die Lehren aus der Geschichte Deutschlands nicht vergessen haben, während im Westen "deutschsprachige Amerikaner" die Mehrheit bildeten. So beurteilte die Chefin von Russia Today, Margarita Simonjan, in der Talkshow "Abend mit Wladimir Solowjow" des staatlichen russischen Senders Rossija 1 am 29. Januar die Unterschiede in Meinungsumfragen zu Waffenlieferungen an die Ukraine zwischen Ost- und Westdeutschland.

Die RT-Chefin sagte in dieser Sendung, dass Bundeskanzler Olaf Scholz bestens versteht, dass er mit der Zustimmung zur Lieferung deutscher Panzer an die Ukraine, wo sie der Tötung russischer Soldaten und Zivilisten dienen werden, Verantwortung für etwas übernommen hat, was ihm das deutsche Volk nach dem erwartbaren Ende des Ganzen nicht verzeihen wird: 

"Im Gegensatz zu seiner korrumpierten Elite verfügt das deutsche Volk noch über ein historisches Gedächtnis und über ein funktionierendes Gewissen", sagte Simonjan. 

Unmittelbar danach korrigierte sie sich mit leichtem Schmunzeln: 

"Beim deutschen Volk. Etwas anderes ist es, dass – wie Experten scherzen – nicht mehr so viele Deutsche übrig geblieben sind. In Ostdeutschland leben Deutsche, in Westdeutschland aber mehrheitlich deutschsprachige Amerikaner. Die Mentalität ist bei Letzteren verändert worden. Die Deutschen aber, die Deutsche geblieben sind, denen ist es übel angesichts der Panzerlieferungen."

Simonjan ging damit auf ein Missverständnis ein, das ihr in der Talkshow "Sonntagabend mit Wladimir Solowjow" am 28. Januar unterlaufen war: Damals hatte sie auf Ergebnisse einer Meinungsumfrage des in Leipzig ansässigen Mitteldeutschen Rundfunks verwiesen, dessen Hörer hauptsächlich in den drei ostdeutschen Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen leben. Die RT-Chefin hielt das Ergebnis jedoch versehentlich für ein gesamtdeutsches. 

Die Umfrage des Senders mdr aktuell am 20. Januar hatte ergeben, dass 94 Prozent der ostdeutschen Hörer gegen die Waffenlieferungen sind, was die westdeutsche Frankfurter Allgemeine Zeitung zu einem wütenden Kommentar veranlasste. Die FAZ fasste die Spaltung der deutschen Gesellschaft in dieser Frage wie folgt zusammen: 

"Nach der aktuellen repräsentativen Umfrage des Deutschlandtrends befürworten deutschlandweit 46 Prozent der Befragten die Lieferung von Panzern, 43 Prozent lehnen sie ab. In den ostdeutschen Bundesländern beträgt das Verhältnis 32 Prozent zu 59 Prozent. In einer nicht repräsentativen Telefon-Umfrage des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) sprachen sich sogar 94 Prozent der Anrufer gegen Panzer aus." 

Insgesamt zeigte sich Simonjan in der Sendung überzeugt, dass Deutschland und andere NATO-Staaten ihre Lieferungen schwerer Waffen an die Ukraine fortsetzen werden. Es würden bald auch Lieferungen von Flugzeugen, Fernartillerie und "allem, was die Arsenale hergeben" folgen, sagte sie. Das werde aber für den Westen böse enden. Es sei ein Selbstmord ähnlich dem des US-Verteidigungsministers James Forrestal, der aus paranoider Angst vor "den Russen" aus dem Fenster sprang.

Simonjan hatte sich in der Sendung am Sonntag direkt und eindringlich an das deutsche Volk gewandt und die Frage gestellt, ob man sich nach dem derzeitig stattfindenden Rückfall in russophoben deutschen Nationalsozialismus, nachdem deutsche Panzer 80 Jahre nach Stalingrad erneut russische Soldaten und Zivilisten töten werden, überhaupt noch ein Zusammenleben der zwei Völker "auf einem Planeten, in einem Europa" vorstellen kann:   

"Wir haben euch (nach dem Zweiten Weltkrieg) vergeben, doch wir haben nicht vergessen. Und wir werden auch nie vergessen. Wir haben vergeben. Wir haben mit euch kommuniziert, wir haben Freundschaften geführt, wir kamen zu Besuch, Putin hat euch besucht. Ihr habt uns besucht, alles schien normal zu sein. Jahrzehntelang ging das so. Es war fast eine Freundschaft, nennen wir es eine gute Bekanntschaft. Und das nach allem, was ihr hier angerichtet habt. Wir haben euch geglaubt, dass ihr euch verändert habt. Und ihr? Ihr habt uns gerade eröffnet, dass ihr genauso seid wie damals. An nur einem Tag habt ihr in uns Ilja Ehrenburg mit seinem "Töte einen Deutschen!", Konstantin Simonow mit seinem "Töte den Faschisten, sooft du einen siehst!" geweckt. Muss daran erinnert werden, welche Wut in uns im Zweiten Weltkrieg kochte? Muss daran erinnert werden, welche Verbrechen wir euch verziehen haben? Völlig verdient war unser Hass auf euch, denn ihr habt hier Sachen angestellt, die unverzeihlich sind. Nicht nur mit den ermordeten Juden, sondern genauso mit allen anderen Bürgern der Sowjetunion: Russen, Ukrainern, Tataren, Mordwinern, Armeniern. Und erst danach (nach euren millionenfachen Morden) hat Simonow sein Volk dazu aufgerufen, Faschisten zu töten. (…) Diesen Aufruf von Simonow habt ihr gestern in uns wachgerüttelt. Ganz grundsätzlich gefragt: Wie sollen wir hiernach noch mit euch leben? Habt ihr wieder die Illusion, dass ihr uns ausrotten könnt, wie Hitler es geplant hatte? (…) Hitler hat es nicht geschafft. Niemand hat es bisher geschafft.(…) Und ihr werdet es wieder nicht schaffen, uns zu vernichten. Also: Wie sollen wir nach alldem mit euch noch auf einem Planeten, auf einem Kontinent leben? Ich weiß es nicht."

Wahrscheinlich müsse der Teil des deutschen Volkes, das zu 94 Prozent gegen den Krieg mit Russland ist, wieder von den "Faschisten" befreit werden, die das Land zur Geisel genommen haben und gegen den Willen des Volkes regieren und handeln, schloss Simonjan. Sie versprach den 94 Prozent der Zuschauer des MDR, die gegen die Panzerlieferungen sind, dass Russland den Faschisten, die wieder einen russisch-deutschen Krieg anzetteln und Deutschland wieder in eine Katastrophe treiben, dieses Mal nichts verziehen wird. 

Auch unabhängig davon, dass die ermittelten 94 Prozent nicht repräsentativ sind und zudem eine deutliche Spaltung zwischen Ost und West in der Russlandfrage zu beobachten ist, dürfte das Versprechen von Margarita Simonjan weiter Bestand haben.

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