Europa

Martin Sonneborn: EU sollte sich von den Fesseln des Völkerrechts befreien

In einem Tweet nimmt Martin Sonneborn (Die PARTEI) Stellung zu aktuellen Entwicklungen in Deutschland und der EU. Witzig und unterhaltsam formuliert deutet der Tweet jedoch auf grundlegende Fehlentwicklungen. Die Repression nimmt zu, die Freiheit ab.
Martin Sonneborn: EU sollte sich von den Fesseln des Völkerrechts befreienQuelle: www.globallookpress.com © Kay Nietfeld

In einem langen Tweet holt der EU-Parlamentarier Martin Sonneborn (Die PARTEI) zum Rundumschlag gegen sowohl deutsche Politik als auch die der EU aus. 

Deutschland ist Schlusslicht beim Wachstum in der EU. Geschuldet ist dies zweifellos einer verfehlten Wirtschaftspolitik, denn für die anderen Staaten der Europäischen Union sind die Rahmenbedingungen gleich, die wirtschaftlichen Aussichten im Vergleich mit Deutschland jedoch ungleich besser.  

Indien hat sich inzwischen zum wichtigsten Lieferanten für Ölprodukte entwickelt. Der Subkontinent importiert Rohöl aus Russland, raffiniert es und verkauft es an die EU weiter, die ein Embargo gegen den Import von russischen Erdölprodukten verhängt hat. Sonneborn schreibt: 

"Was die von Frau vonderLeyen, die natürlich kein 'Vollidiot', sondern im Zweifel eine ausgemachte 'Vollidiotin' wäre, vorangetriebene EU-Sanktionspolitik ein weiteres Mal ad absurdum führt. Da die EU kein Öl mehr direkt aus Russland beziehen will, bezieht sie dasselbe Öl en masse nun auf dem Umweg über indische Raffinerien & Gewinnspannen. Raffiniert; freut uns für Indien."

Dass es auch mit den viel beschworenen europäischen Werten nicht wirklich gut bestellt ist, verdeutlicht Sonneborn unter anderem am Beispiel Litauens, das sich die völkerrechtswidrigen Push-Backs von Flüchtlingen jetzt ins Gesetz geschrieben hat.

"Gerade wurde mit der Legalisierung sogenannter PUSHBACKS im Schnellverfahren eine eindeutig rechtswidrige Praxis institutionalisiert, wie sie auch von LETTLAND, POLEN u.a. längst klammheimlich angewandt wird."

Die EU solle sich doch endlich von den Fesseln des Völkerrechts völlig befreien, schlägt Sonneborn vor. Die Bekenntnisse dazu nimmt man ihr ohnehin nicht mehr ab. 

In vielen Ländern der EU werden mit der Begründung, vor Hassrede schützen zu wollen, Gesetze verschärft und faktisch die Meinungsfreiheit eingeschränkt. Das geht nicht selten mit einer Beweislastumkehr einher, wie beispielsweise in Irland. 

"Deren neue 'Hate Speech Bill' kriminalisiert nun erstmals nicht die VERÖFFENTLICHUNG, sondern allein den BESITZ von 'HASSREDE'-tauglichem Material.
Zudem verlagert es die Beweislast auf den Angeklagten, der Gerichte künftig davon überzeugen muss, nicht die Intention gehabt zu haben, irgendein auf seinem Computer befindliches Material ‒ zum Beispiel Texte wie diesen ‒ für die 'Verbreitung von Hass' zu verwenden."

Aber auch die EU nimmt es mit den eigenen Werten nicht so genau. Der Digital Services Act bedroht die Meinungsfreiheit. Sonneborn schreibt in diesem Zusammenhang:

"Hassen Sie also schnell noch, was Sie schon immer mal hassen wollten ‒ bevor die geplante Chat-Kontrolle eingeführt und der Digital Services Act diesen September EU-weit in Kraft treten wird. Orwells '1984' ‒ muss man mit einem Julian Assange zugeschriebenen Bonmot ergänzen ‒ war ja als DYSTOPISCHER ZUKUNFTSENTWURF gemeint, NICHT als GEBRAUCHSANWEISUNG. 
Und wer die Unterdrückung von Meinungsäußerungen (und Nachrichtenquellen), unter welchen Vorwänden auch immer, für einen möglichen Bestandteil der liberalen Demokratie hält, hat deren Boden längst verlassen."

Mit dem letzten Satz ist wohl unter anderem auch RT gemeint. Mit dem Verbot von RT in der EU hat sich das Staatenbündnis als Feind der Presse-, Meinungs- und Informationsfreiheit geoutet. Die Begründungen für den drastischen Schritt sind mehr als fadenscheinig. Außerhalb der EU nimmt man deren Rechtsrutsch in Richtung Totalitarismus mit Sorge war. 

Aber auch Deutschland bewegt sich immer weiter in Richtung rechts. Mit dem neuen Asylgesetz überholt die deutsche Innenministerin ihren Vorgänger im Amt, Horst Seehofer (CSU), ziemlich weit rechts. Das Pikante daran: In der Opposition waren die Parteien des jetzigen Bundestages noch gegen die Gesetzesvorlage Seehofers.

"Die Freiheitskämpfer der deutschen Ampelparteien haben mittlerweile leider nicht Nancy Fraeser, sondern Nancy Faeser, ihre verunglückte Kreuzung aus Mutter Beimer & Maggie Thatcher vorgeschickt, um denselben Entwurf zu Asylverfahren an der EU-Außengrenze durchzudrücken, den sie alle noch lautstark bepöbelt hatten, als CSU-Rechtsaußen HORST SEEHOFER (!) ihn vor Jahren vorgeschlagen hatte."

Sonneborn formuliert witzig und unterhaltsam, die Anlässe sind jedoch mehr als trist. Dass die im Tweet genannten Themen in den deutschen Medien keinen oder nur einen sehr geringen Niederschlag finden, deutet zudem auf einen inzwischen umfassend dysfunktionalen deutschen Journalismus. 

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