Lateinamerika

Rohstoffe im Visier: USA wollen gemeinsame Militärbasis in Argentinien errichten

US-Generalin Richardson entfacht Kontroversen in Argentinien mit Plänen für einen gemeinsamen Militärstützpunkt. Während die Ankündigung für Aufsehen sorgt, geht Präsident Milei trotz Verfassungsbedenken einen riskanten Weg. Ein Meilenstein in den Beziehungen, der die geopolitische Landschaft Lateinamerikas erschüttern könnte.
Rohstoffe im Visier: USA wollen gemeinsame Militärbasis in Argentinien errichtenQuelle: AFP © HANDOUT/ARGENTINIAN PRESIDENCY

Von María Müller

Die Oberkommandierende des Südkommandos der US-Army für Lateinamerika und die Karibik besuchte vergangene Woche Argentinien. Laura Richardson ist bekannt für ihre unverblümten Ansprüche auf alles, was der Kontinent den USA bieten kann – und was die Denkfabrik RAND Corporation als "sicherheitsrelevante Ressourcen der USA" bezeichnet.

Schon vor einem Jahr erklärte Richardson in Hinblick auf Lateinamerika: "Sechzig Prozent des Lithiums der Welt befindet sich dort. Das ist für die heutige Technologie unverzichtbar. Venezuelas besitzt Erdöl, Kupfer und Gold, das Amazonasgebiet ist die Lunge der Erde. Wir haben 31 Prozent des Süßwassers der Welt in dieser Region. Worauf warten wir noch? Es gibt viel zu tun!"

Nach diesem Motto bereist sie unermüdlich die Staaten des Südens und bemüht sich um eine stärkere militärische Präsenz. Besonders Argentinien ist dabei von strategischer Bedeutung. Seit dem Regierungsantritt von Javier Milei gaben sich höchste US-Regierungsbeamte in Buenos Aires die Klinke in die Hand. Wenige Tage vor Richardson traf auch der Chef der CIA, William Burns, dort ein, und zuvor US-Außenminister Antony Blinken.

Der Südzipfel Argentiniens ist von strategischem Interesse

Generalin Richardson und Präsident Javier Milei besuchten die Stadt Ushuaia im äußersten Süden Argentiniens (Feuerland). Dort befindet sich seit der Regierung von Mauricio Macri ein sogenanntes "Zentrum für Notsituationen" des Südkommandos, wie auch in anderen südamerikanischen Staaten. Die militärische Einrichtung soll in erster Linie wissenschaftliche Aufgaben wahrnehmen, doch kritische Stimmen sehen hier eine Truppenbasis. Richardson wollte sie persönlich begutachten.

Milei nutzte den offiziellen Akt in der Provinz Feuerland, um der Öffentlichkeit den geplanten Bau eines großen gemeinsamen Militärstützpunktes in diesem Gebiet zu verkünden. Das sei der "Beginn einer besonderen Beziehung zwischen beiden Nationen" und "der größte Akt der Souveränität in den letzten 40 Jahren". Es sei der erste Schritt, um die unter britischer Herrschaft stehenden und umstrittenen Malwinen (Falklandinseln) zurückzuerobern. Allerdings auf einem "langfristigen diplomatischen Weg", so Milei. Es gibt dort größere Erdölvorkommen.

Der Sprecher des Präsidenten, Manuel Adorni, erklärte zudem, dass das binationale Projekt "ein Entwicklungshafen sein wird, der der Antarktis am nächsten liegt". Argentinien und die Vereinigten Staaten würden hier "das Tor zum weißen Kontinent" eröffnen.

Die Militärbasis ist bereits im Bau ‒ doch nur für Argentinien gedacht

Den Bau eines integrierten Marinestützpunkts in der Nähe der Antarktis hatte die vorherige Regierung von Alberto Fernández bereits Anfang 2022 mit nationaler Finanzierung begonnen.

Der ehemalige Verteidigungsminister Jorge Taiana erinnerte daran, dass die Initiative "zu 100 Prozent argentinisch" sei und dazu dienen würde, "die Souveränität im Südatlantik zu stärken und die Logistik zwischen der Antarktis und dem Kontinent zu erleichtern. Wobei die Nähe zu den Malwinen-Inseln eine Rolle spielt."

Heftige Kritik aus den Reihen der Opposition

Taiana weiter: "Der Bau ist im Gange und wird mit gesetzlich vorgesehenen nationalen Mitteln entwickelt. Die Regierung muss erklären, warum aus einem nationalen Projekt ein gemeinsamer Stützpunkt mit den Vereinigten Staaten wird. Die USA sind ein NATO-Verbündeter Großbritanniens, und beide haben eine Militärpräsenz auf den Falklandinseln."

Die Pläne Mileis wurden von der Opposition heftig kritisiert. Denn laut der Verfassung Argentiniens muss jede militärische Planung zuerst im Kongress diskutiert und abgestimmt werden. Auch Besuche oder Übungen ausländischer Militärs müssen vom Parlament genehmigt sein.

"Ich würde gern wissen, wer ein Gesetz verabschieden wird (denn ein Gesetz ist nötig), um in unserem Land einen integrierten Marinestützpunkt einer anderen Flagge zu errichten und seinem Militär Immunität von der Gerichtsbarkeit zu gewähren. Ich bin aufmerksam und wachsam", erklärte die Senatorin Juliana Di Tullio auf ihrer X-Seite.

Der frühere Abgeordnete und Spezialist in Verwaltungspolitik, Pablo Kosiner, schrieb ebenso auf X: "In Artikel 9 des Gesetzes 25.880/2004 heißt es, dass der Nationalkongress die gemäß diesem Gesetz erteilten Genehmigungen widerrufen kann; wenn er neue Umstände im Zusammenhang mit der Außen- und Verteidigungspolitik des Landes beurteilt, die es ratsam erscheinen lassen, diese Entscheidung zu treffen."

Der Regierungschef der Provinz Feuerland, Gustavo Melella, weigerte sich, Richardson und ihr Gefolge zu empfangen, weil er sie als "Mitschuldige" an der britischen Besetzung der Malwinen-Inseln betrachtet.

Sowohl Melella als auch die Senatorin Cristina Lópezbetonten, dass sich das US-Südkommando an den von Großbritannien im Südatlantik durchgeführten Militärübungen beteiligt. Sie wurden während der Amtszeit von Alberto Fernández vom argentinischen Außenministerium ausdrücklich verurteilt. Beide Nationen haben Militärstützpunkte auf den Falklandinseln.

Ein Hercules-Transporterflugzeug als Geschenk

Richardson kam mit einem Geschenk zu Besuch. Sie vermachte der argentinischen Luftwaffe ein Hercules C-130H-Flugzeug, als "Symbol solider bilateraler Zusammenarbeit".

Außerdem verkündete sie, dass im Mai nach 13 Jahren ein amerikanischer Flugzeugträger das Land "besuchen" wird. Auch in diesem Fall bescherte sie dem Kongress Argentiniens eine – undiskutierte – Überraschung. Zudem gab sie nicht bekannt, welche Aktivitäten dieser Flugzeugträger durchführen wird, und ob argentinisches Militär darin eingebunden sein soll.

Wie bei allen bisherigen Initiativen im Verbund mit US-Militärs und US-Geheimdienst regiert Milei an den zuständigen staatlichen Institutionen vorbei, was den USA durchaus bekannt ist.

Bei ihrem dritten Besuch in Argentinien sagte Richardson, dass sich ihre Regierung dazu verpflichtet habe, "eng mit der Regierung von Javier Milei zusammenzuarbeiten", damit "kooperative Sicherheitsbemühungen" beiden Ländern und der Hemisphäre "von Dauer zugute" kämen. Argentinien sei ein bedeutender und geschätzter Sicherheitspartner.

Über diese offiziellen Erklärungen hinaus, die sie im Allgemeinen bei ihrer Ankunft in anderen Ländern geäußert hat, sind einige Analysten der Ansicht, dass die Chefin des Südkommandos beabsichtigt, mit der Milei-Regierung einen Schutzwall zu errichten, um den Einfluss anderer Länder in Argentinien und in der Region, insbesondere Russlands und Chinas, einzuschränken.

Gegen eine chinesische Forschungseinrichtung

Ganz unmittelbar geht es dabei auch gegen die chinesische Forschungseinrichtung in Neuquén (Zentralargentinien). Sie wurde 2018 errichtet und dient der Beobachtung des Weltalls. Besonders den USA ist die Station ein Dorn im Auge, und sie bezichtigten sie wiederholt eines "dualen Charakters", der auch eine militärische Nutzung erlaube. Diese zweischneidige Funktion besitzen allerdings gerade die oben erwähnten "Emergence Centers", die die USA in zahlreichen Staaten Lateinamerikas installiert haben. Sie kennen die Taktik nur zu gut und unterstellen sie somit den Chinesen.

Der US-Botschafter in Argentinien, Marc Stanley, kritisierte die Forschungsstation wiederholt, ohne jedoch irgendwelche Beweise vorzulegen.

"Ich bin überrascht, dass Argentinien den chinesischen Streitkräften erlaubt, heimlich in Neuquén zu operieren. Wer weiß, was sie dort tun." Er verstehe, dass es "Soldaten der chinesischen Armee gebe, die dieses Weltraumteleskop bedienen".

"Ich weiß nicht, was sie tun, ich denke, die Argentinier wissen es auch nicht, und sie sollten verstehen, warum die Chinesen dort stationiert sind", fügte er hinzu.

Die chinesische Botschaft stellte in einer Erklärung klar, dass es sich bei der Raumstation in der Stadt Bajada del Agrio in Neuquén um eine weltraumtechnische Kooperationseinrichtung zwischen China und Argentinien handelt, in der "wissenschaftliche Forschungsaktivitäten" durchgeführt werden.

Die Einrichtung steht Besuchern offen

China erklärte, dass die Station mit Organisationen und Unternehmen aus mehreren Ländern in der Weltraumforschung zusammenarbeitet und darüber hinaus Mess- und Kontrollaufgaben für das chinesische Luft- und Raumfahrtprojekt durchführt, das von der Nationalen Kommission für Weltraumaktivitäten Argentiniens (CONAE) koordiniert wird.

Die chinesische Botschaft erinnerte daran, dass das argentinische Außenministerium und CONAE im Jahr 2019 einen Besuch mehrerer diplomatischer Delegationen "einschließlich der der USA" in der Weltraumstation Neuquén organisierten.

In einer anderen Veröffentlichung der argentinischen Regierung sind Bilder des Besuchs von Vertretern der Botschaften Deutschlands, Brasiliens, Chinas, der Vereinigten Staaten, Italiens und Großbritanniens im Jahr 2019 zu sehen.

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