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Urteil: Bundeskanzleramt muss Protokolle zu Corona-Konferenzen herausgeben

Ab März 2020 fanden Bund-Länder-Konferenzen zur Festlegung von Corona-Maßnahmen statt. Bisher blieben Details geheim, da Inhalte "einen künftigen freien und offenen Meinungsaustausch" behindern könnten. Laut einem Gerichtsbeschluss müssen sie öffentlich gemacht werden.
Urteil: Bundeskanzleramt muss Protokolle zu Corona-Konferenzen herausgebenQuelle: Gettyimages.ru © China News Service / Kontributor

Das Urteil der 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin vom 30. Juni 2022 (VG 2 K 155/21) bezieht sich auf eine Klage des Berliner Tagesspiegels nach dem Informationsfreiheitsgesetz(IFG). Die dazugehörige Pressemitteilung wurde am 5. Juli veröffentlicht. Dort heißt es zur Klage:

"Das Bundeskanzleramt muss Protokolle zu Bund-Länder-Konferenzen zur Corona-Pandemie herausgeben. Dies hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden."

Zu den Details heißt es erläuternd, dass die 2. Kammer das Bundeskanzleramt im Rahmen des Urteils dazu verpflichtet hat, "dem Kläger Zugang zu den Kurzprotokollen zu gewähren". In der Pressemitteilung wird dargelegt:

"Die Bund-Länder-Konferenzen seien zwar als 'Beratungen von Behörden' von § 3 Nr. 3b des Informationsfreiheitsgesetzes erfasst. Geschützt sei jedoch nur der eigentliche Vorgang der behördlichen Entscheidungsfindung als solcher, nicht die Ergebnisse und Grundlagen der Entscheidung."

Der Kläger, der Tagesspiegel, hatte im Dezember 2020 beim Bundeskanzleramt beantragt, ihm Zugang zu den Kurzprotokollen der Konferenzen zu gewähren, so Auszüge der Mitteilung. Das Bundeskanzleramt lehnte dies mit der Begründung ab, "einer Herausgabe stehe der Schutz von behördlichen Beratungen und des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung entgegen". Und weiter:

"Eine Veröffentlichung könne einen künftigen freien und offenen Meinungsaustausch beeinträchtigen."

Das Gericht bemerkt, das beklagte Bundeskanzleramt habe nicht ausreichend vorgetragen, "welche Passagen welcher Kurzprotokolle den Vorgang der Willensbildung und Abwägung abbildeten". Zudem sei eine "konkrete Gefährdung des Beratungsverlaufs oder künftiger Beratungen" nicht nachvollziehbar dargelegt worden:

"Der Verweis der Beklagten auf die andauernde Pandemielage und die Möglichkeit erneuter Bund-Länder-Konferenzen begründe keinen Dauer-Beratungsprozess."

Zudem sei durch die Änderung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) "eine rechtliche Zäsur dergestalt eingetreten, dass Beratungen vor allem auch im Deutschen Bundestag stattfinden müssten". Der Tagesspiegel kommentiert ergänzend in einem Artikel zum Urteil, dass "die Regierung die Aufzeichnungen von fünf der insgesamt 18 Treffen im Jahr 2020" nun herausgeben müsste, "vier davon aus der Zeit des ersten Corona-Lockdowns im Frühjahr (2020)". Zu "weiteren Terminen aus jenem Jahr in den einschlägigen Akten des Kanzleramts" lägen demnach keine Protokolle vor, daher "bleibt die Herausgabe zunächst auf diesen Zeitraum beschränkt". Dies teilte eine Vertreterin dem Tagesspiegel mit.

Die Treffen der Regierungschefs aus Bund und Ländern im Kanzleramt, später in digitalen Zoom-Meetings, waren vertraulich, im Anschluss wurden nur die Ergebnisse der Beratungen öffentlich gemacht. Der Tagesspiegel-Artikel erinnert daran, dass eine Einsichtnahme in die Papiere "im März 2021 auch gegenüber dem Parlament verweigert" worden war. Zur Begründung erklärte die Regierung damals, …

"... es handele sich um vertrauliche Kurzprotokolle, die ausschließlich der 'hausinternen Verwendung' im Kanzleramt dienten und über deren Inhalt oder Umfang keine Auskunft erteilt werde".

Die Kanzleramtsvertreterin hatte laut Tagesspiegel-Angaben während der Verhandlung vorgetragen, dass "die teilnehmenden Regierungschefs sich darauf verlassen" hätten, dass ihre Beiträge in den Konferenzen vertraulich blieben. Es sei angesichts des Pandemieverlaufs "nicht ausgeschlossen, dass die Beratungen in dieser Form erneut stattfinden müssten". Bis zur Verhandlung seien die Dokumentationen lediglich "Ergebnisprotokolle" genannt worden, im Prozess-Verfahren hieß es dann, es seien "auch einzelne Beratungsabläufe dokumentiert worden". Das Argument des Tagesspiegel-Vertreters vor Gericht lautete:

"Es gebe ein erhebliches öffentliches Interesse daran, wie sich die Regierungschefs in den damaligen Verhandlungen positioniert hätten."   

Die Protokolle der Corona-Gipfel aus den Anfangszeiten der Pandemie "seien bereits jetzt historische Dokumente", die von großem gesellschaftlichen Interesse seien. Gegen das Urteil kann "Antrag auf Zulassung der Berufung zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg" gestellt werden.

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